Mathematik zur Risikoerkennung im Lieferantennetz

  • Innovation

    27 August 2021

Les maths au service de la détection de risques sur son réseau fournisseurs

Dank der Graphentheorie und des maschinellen Lernens ist es nicht nur möglich, einen besseren Überblick über das Lieferantennetz zu erhalten und die Abläufe zwischen den verschiedenen Akteuren zu modellieren, sondern auch die Erkennung potenzieller Risiken in der gesamten Kette zu automatisieren. Dies würde den SC-Managern dabei helfen, Bedrohungen zu identifizieren, Strategien neu zu definieren, unvorhergesehene Ereignisse zu managen und die Lieferantennetze mit wenigen Klicks zu steuern.

Wie Professor Martin Christopher in seinem Buch „Logistic and Supply Chain Management“ definiert, ist die Lieferkette nicht wirklich eine Kette, sondern vielmehr „ein Netzwerk von miteinander verbundenen und voneinander abhängigen Organisationen, die zusammenarbeiten, um den Material- und Informationsfluss von den Lieferanten zu den Endverbrauchern zu steuern, zu verwalten und zu verbessern.“ Die modernen Organisationen sind mit anderen Partnern – Lieferanten, Subunternehmer, Mitauftragnehmer, Vertriebshändler usw. – verbunden. Die Verflechtungen und Verbindungen werden immer zahlreicher und komplexer, hauptsächlich aufgrund der Globalisierung der Wirtschaft und des Trends zur Auslagerung bestimmter Aufgaben. Die Lieferantennetze sind flexibel, offen und extrem vernetzt. Dies schwächt das System und führt dazu, dass sich die Organisationen in einem turbulenten Umfeld bewegen. In einigen Branchen wie der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie oder der Eisenbahn können an einer einzigen Lieferkette bis zu mehrere zehntausend Akteure beteiligt sein, die je nach Anzahl der Intermediäre zwischen ihnen und dem Endkunden auf verschiedene Ebenen verteilt sind.

Keine Übersicht ab Tier 2

Die Erfahrung in der Praxis zeigt, dass die Supply-Chain-Manager in der Regel nur eine sehr lokale Übersicht haben, die sich auf die Tier-1-Lieferanten beschränkt. Unter diesen Bedingungen ist es schwierig, Risiken vorausschauend zu managen, schnell zu reagieren und die Auswirkungen zu minimieren, da die Informationen über den Ausfall eines Lieferanten mit einem höheren Rang als drei niemals bis zum Endkunden weitergeleitet werden können, bevor es zu Bestands- oder Lieferproblemen kommt. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, mit Hilfe mathematischer Methoden und Werkzeuge einen Überblick über das gesamte Zulieferernetz –  einschließlich aller Akteure und Abläufe und ihres Status – zu erhalten. Es handelt sich um das Verständnis und die Beschreibung des Zulieferernetzes durch Modellierung mit Hilfe mathematischer Strukturen. Dieses Modell kann dann mit verschiedenen Werkzeugen und Theorien manipuliert und untersucht werden.

Die Hilfe der Graphentheorie

Eine der mathematischen Theorien für die Untersuchung von Netzwerken ist die Graphentheorie, bei der es sich um einfache Modelle von Netzwerken handelt, die Objekte miteinander verbinden. Diese Modelle bestehen aus Punkten, die Knoten genannt werden, und Verbindungen zwischen diesen Punkten, die Kanten genannt werden, und auch als binäre Matrizen dargestellt werden können. Ein Lieferantennetzwerk kann durch einen Graphen dargestellt werden, für den mehrere Kanten zwischen den Knoten sowie verschiedene Farben der Knoten (verschiedene Arten von Geschäftstätigkeiten) und Kanten (verschiedene Arten von Strömen) erlaubt sind. Diese Graphen können wiederum durch binäre Matrizen, Tensoren genannt, dargestellt werden. Der Tensor ist das Eingabeelement, mit dem Funktionen, die auf Grafikbibliotheken basieren, ihn in einen Graphen umwandeln können, um so die Daten visuell auszuwerten. So sind wir heute in der Lage, ein Lieferantennetz ganz oder teilweise darzustellen, wobei wird mit Hilfe des vorgeschlagenen Ansatzes alle Aktivitäten der Akteure des Netzwerks sowie die materiellen und immateriellen Ströme der Kette modellieren können.

Ableitung der Verbindungen innerhalb des Netzes

Für den Aufbau dieses Lieferantennetzwerk-Graphen verwenden wir Daten aus den ERP-Systemen von Kunden und Lieferanten, die zunehmend vernetzt sind, und leiten daraus eine Datenbank mit Informationen über das Netzwerk ab, die durch klassische Audits durch Experten vor Ort konsolidiert werden. Eine weitere interessante Möglichkeit wäre die Umsetzung eines Ansatzes, der sich an Big Data inspiriert, um die Verbindungen zwischen den Akteuren des Netzwerks zu finden, wie z.B. die Empfehlungsmaschinen von E-Commerce-Websites. Zugegebenermaßen bestehen noch viele Hindernisse, insbesondere wegen der Bereitschaft der Lieferanten, sich dem restlichen Netzwerk zu öffnen, oft unter dem Vorwand von Vertrauensproblemen. Diese Darstellung wird anfangs ermöglichen, die operative Komplexität der Lieferantennetze abzubilden, aber das ist nur ein erster Schritt zu einem besseren End-to-End-Management der Supply Chain.

Automatisierung der Risikoerkennung

Wie lässt sich der mögliche Ausfall eines Lieferanten, der sich auf das gesamte oder einen Teil des Netzes auswirken könnte, möglichst frühzeitig erkennen? Es gibt verschiedene Arten von Bedrohungen (Klima, Naturkatastrophen, soziale, geopolitische, finanzielle Bedrohungen usw.), die angesichts der großen Zahl von Akteuren der Lieferkette „von Hand“ nur sehr schwer überwacht werden können: Die Menge der zu beobachtenden Daten aus einer immer größeren Zahl von Quellen ist zu groß und die Beobachtung daher sehr kostspielig. Ein interessanter Weg ist die Automatisierung der Erkennung potenzieller Risiken, insbesondere im Hinblick auf klimatische Bedrohungen und Naturkatastrophen. Maschinelles Lernen (ML) scheint sich dafür hervorragend zu eignen: Erhebung unstrukturierter Daten, die im Web verfügbar sind, ihre Aufbereitung und anschließende Bearbeitung mittels spezifischer Modelle, um sie in Risikokategorien einzuordnen. Wenn dieser Ansatz erfolgreich ist, dann können wir zu den anderen Risikoarten übergehen, indem wir spezifische Modelle für die verschiedenen Risikotypen erstellen.

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